Eigener Wein – Teil 1

Unsere Pergola hing mal wieder voller Trauben. Kiloweise haben wir sie schon gegessen.

Einige Pfund endeten als Kuchenbelag in Kombination mit Äpfeln (Ich wusste nicht, dass gebackene Trauben so lecker sind. Unbedingt ausprobieren!), eine Tüte voller Trauben liegt im TK-Schrank, Rosinen trocknen schon auf der Heizung, Traubengelee steht im Keller…

Aber da hängen immer noch mindestens 10 – 15 Kilo. Die alle verrotten lassen kommt nicht in Frage, aber was machen wir damit? Sie fangen schon an zu rieseln. Es muss uns also schnell was einfallen. Nach 2 Tagen grübeln – die älteste Idee der Welt – WEIN!

Zwei Glasballons á 5 Liter habe ich, fehlen noch Gährröhrchen und stutz….was brauche ich eigentlich noch? Da muss doch Hefe rein oder so… und dann wird es erst Federweißer (lecker). Wie lagere ich den denn? Ein paar Flaschen sind da, aber Federweißer darf nicht verschlossen werden weil dann die Flaschen platzen. Aber ganz offen geht auch nicht. Und dann weiter? Fragen über Fragen.

Also ab ans Internet und nach gründlicher Recherche klingt alles entweder ganz einfach – oder hochkompliziert. Je nach dem ob man auf Seiten von Hobbywinzern oder richtigen gelernten Winzern mit 200 Jahren Familientradition landet. Ich beschränke mich naturgemäß auf die Hobbywinzer.

Auch hier gibt es zwei Gruppen.

  1. Angeber mit antrainiertem möglichst unverständlichem Vokabular, die aus 2 Kilo Trauben und mit Ausrüstung für 250 € ein Glas Wein keltern, und sich dabei schlauer und vor allen Dingen wichtiger vorkommen als jeder Profi. Tatsächlich sind es IMMER!!! Männer.
  2. Sympathische, normalen Menschen beiderlei Geschlechts, die einfach mal ausprobieren wie es geht, und ganz pragmatisch und mit Liebe ein paar Flaschen trinkbaren Wein aus ihren Gartentrauben machen, und auch mal über sich selber lachen, wenns nicht so klappt wies soll.

Ich gehöre (hoffentlich) zu der letzten Gruppe und mag es schlicht und puristisch. Also bestelle ich mir Gärröhrchen, ein Tütchen Reinzuchthefe und ein Paket Aluhülsen als Verschlüsse für den Federweißen. Zwei Tage später kommt das Zeug und unsere Tochter auch – denn das Spektakel will sie nicht verpassen.

 

 

Und nun zur Tat:

Mann und Tochter ziehen in den Vorgarten, mit Leiter bewaffnet und einer Schüssel. Ich denke ein Eimer wäre praktischer gewesen, halte aber ausnahmsweise mal die Klappe.

Mit viel Geschrei, Diskussionen und Gequietsche, wenn wieder eine rieselnde Traube in Tochters Gesicht oder Dekolleté landet, werden zwei Schüsseln voll geerntet und auf den Terrassentisch gekippt.

 

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Mit vereinten Kräften befreien wir die Beeren von den Stielen.

 

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Jetzt stellt sich die nächste Frage: Wie kriegen wir die jetzt zu Matsch…ääähhh…Maische zerdrückt? Idee: Kartoffelstampfer! Schnell stellt sich heraus, dass die doch so empfindlichen Beeren ganz erstaunlich stabil sind wenn man sie kaputt kriegen will. Davon abgesehen spritzt der Saft fröhlich in der Gegend rum, statt in den Schüsseln zu bleiben. Dann sagt Tochter: “Traubentreten!”

Ich : “IIIIHHHH!!!”

Denk…Plastiktüte!

Also bekommt Tochter einen Gefrierbeutel um den Fuß und latscht begeistert auf dem Zeug rum bis der Saft austritt.

 

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Die inzwischen gereinigten Glasballons fülle ich dann mühselig mit dem Traubenmatsch. Dann die Hefe nach Anleitung zubereiten und in den Pamp einrühren. Zum Schluss die Gärröhrchen oben drauf, diese noch mit Wasser füllen und ab ins Gartenhaus. Wenn was schief geht stinkt es wenigstens nicht aus dem Keller.

Innerhalb einer Nacht gärte es fröhlich vor sich hin. Der 2. Ballon war allerdings etwas zu voll und das Gärröhrchen hat fliegen gelernt. Die aufsteigende Maische hat den Stopfen raus gedrückt und sich selbst zum Teil über den Tisch verteilt. (Gut, dass die Ballons im Gartenhaus stehen.)

Sauerei wegmachen, Gärröhrchen reinigen, wieder aufsetzen und warten.

 

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Nach 3 Tagen wird es kalt. Besonders nachts ist es zu kalt. Die Maische hört auf zu gären. Was nun? Der Keller ist auch nicht viel wärmer. Also schleppt mein Mann die Ballons auf den Dachboden. Dort setzte bei gemäßigten Temperaturen die Gärung schnell wieder ein.

 

 

Nach 2 weitere Tagen mal probieren wie das Zeug, das ja schon Federweißer ist, jetzt schmeckt. Na ja….Traubensaft halt mit ein bisschen Hefe.

Nach einer Woche der 2. Versuch: Völlig anders. Bemerkenswert ist, dass der Ansatz aus den beiden Ballons seltsamerweise nun ganz unterschiedlich schmeckt. Während der rechte eher mild und fruchtig schmeckt aber eher lasch, schmeckt der linke hart, säuerlich und sehr alkoholisch als wäre er auf dem Weg zu Schnaps statt Wein. Wirklich leckeren Federweißen haben wir jedenfalls nicht. Eine leichte Bitternote haben beide.

Da er schon anfängt sich zu klären muss das Zeug jetzt von der Maische runter. Sprich die Traubenschalen müssen raus. Das aus den Flaschen zu bekommen ist noch schwieriger als das Einfüllen. Mit nem Kochlöffelstiel rührend geht es aber. Eine große Schüssel ist mit einem Seihtuch ausgelegt. Das binde ich zusammen und drücke. Boah, geht das schwer!

Nach dem ersten Ballon tun mir die Hände weh. Gut, dass Tochter mit Freund vorbei kommt. Da er die erst Aktion schon verpasst hat, nimmt er sich jetzt die Presserei vor. Nach 30 Minuten ist es dann geschafft. der “Wein” ist wieder in seinen Ballons, die Gärröhrchen wieder drauf und die Maische im Sack. Der hängt da wie ein ekliger, raus geschnittener Magen.

 

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Jetzt stehen die Ballons wieder auf den Dachboden und ich hab keinen Schimmer was weiter passiert. Aber ich werde es sehen und natürlich berichten.

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